Biografie der Bohne

Sie ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt. Aber wie wurde die Sojabohne zu dem, was sie heute ist? Und worum geht es in der Zukunft?


    Die Anfänge

    Bereits vor mehreren Tausend Jahren wird die Sojabohne in China zum ersten Mal angebaut, gelangt dann nach Japan und verbreitet sich in ganz Ostasien. Nach Europa und Amerika kommt die Sojabohne erst im 18. Jahrhundert - zunächst aber nicht als Nutzpflanze, sondern als exotisches Gewächs in botanischen Gärten. 

    Erst im 19. Jahrhundert beginnen europäische Forscher, sich ernsthaft mit der Soja auseinanderzusetzen. Vor allem einer: Der Wiener Dr. Friedrich Haberlandt. Er führt hunderte von Anbauversuchen in Europa durch und befindet, dass sie sich „sowohl einfach gekocht, ganz oder als Purée sowie mit Essig und Oel äusserst schmackhaft zeigt.“ (F. Haberlandt: Die Sojabohne). Und dass die Bohne ein ausgezeichneter Eiweißlieferant ist. So wie wir heute hatte schon Haberlandt die Vision, die Sojabohne zu einer bedeutenden Feldfrucht in Europa zu machen, kommt zu seinen Lebzeiten aber nicht mehr dazu, das Projekt umzusetzen.

    Der Aufstieg

    Stattdessen übernimmt im 20. Jahrhundert die USA die führende Rolle in der Sojaforschung. Während vorher nur kleine Mengen aus Asien importiert wurden, erobert die Sojabohne jetzt die nordamerikanischen Äcker: Innerhalb von zehn Jahren steigt die Anbaufläche dort um das Fünffache an. Noch wird die Sojabohne in erster Linie zur Ölgewinnung angepflanzt, Sojamehl gilt lediglich als Nebenprodukt. Als aber das Aminosäurenprofil der Soja identifiziert wird, gilt sie plötzlich als "Goldene Bohne" und "Wunderfrucht" - denn kaum eine andere Pflanze kann mit dem Proteingehalt der Soja mithalten.

    Von nun an wird sie als Futtermittel und in der Margarineproduktion eingesetzt - und sie hilft in Kriegs- und Krisenzeiten, die hungerleidende Bevölkerung in Europa zu versorgen. Der Genuss hält sich dabei in Grenzen, oft werden Brote und Suppen einfach mit Sojamehl verlängert.

    Boom und Krise

    In den 60er und 70er Jahren investieren die USA massiv in den Export von Sojabohnen und die Bohne verbreitet sich schließlich auch in Südamerika - wo seitdem ein Großteil des weltweiten Sojas angebaut wird. Der Schwede Sven Holmberg entwickelt zeitgleich die ersten Sorten, die auch in kühleren Gegenden gedeihen. Er ist also gewissermaßen der erste der 1000 Gärtner, die gezielt nach Sojakreuzungen forschen, die auch in Mittel- oder Nordeuropa gut angebaut werden können.

    Auftrieb bekommt der europäische Soja-Anbau schließlich durch die Öko-Bewegung der 80er Jahre - und durch die Tatsache, dass die vegetarische Ernährung in Europa immer beliebter wird. Etwa 2000 Jahre nach der Erfindung des Tofus in Asien, produzieren jetzt also auch kleine europäische Betriebe erste Sojawürstchen und Sojamilch.

    Das Ziel ist damals klar: Das verwendete Soja soll aus gentechnikfreiem und möglichst ökologischem Anbau kommen. Doch was in den 80ern noch vergleichsweise einfach war, wurde ab 1996 zur großen Herausforderung: Das Zeitalter der „grünen Gentechnik“ war angebrochen und in den USA werden immer mehr gentechnisch veränderte Sojabohnen angebaut.

    Ab 1997 ermunterte der Tofu-Hersteller Taifun daher Bio-Bauern in Süddeutschland, in den Sojaanbau einzusteigen. Das Ergebnis des ersten Jahres war… nun ja, durchwachsen im wahrsten Sinne des Wortes: Wenig Protein in den Bohnen, dafür viel Unkraut auf den Feldern. Doch immerhin: die Tofu-Qualität an sich war ordentlich und das Projekt wurde mit viel Geduld und Entschlossenheit weiterverfolgt. Mit Erfolg.

    Die Qualität der Bohnen ist heute nicht mehr nur "ordentlich", sondern ausgezeichnet. Allerdings ist sie bisher auch eine Ausnahme von der Regel: 76% der heute weltweit angebauten Sojabohnen sind gentechnisch verändert - mit steigender Tendenz. Die meisten dieser Bohnen kommen aus den USA, Brasilien und Argentinien, sie werden aber in gigantischen Mengen nach Europa importiert.

    Wird hier Soja an Tiere verfüttert, trägt das somit oft zu etwas bei, was eigentlich keiner will: Brandrodungen von Regenwald, riesige Monokulturen und massiver Chemikalieneinsatz.

    Bio-Soja in Europa

    Doch es geht auch anders. Mittlerweile wird die Sojabohne in Deutschland auf rund 35 000 Hektar angebaut, davon etwa ein Drittel in Bio-Qualität. Und sie bewährt sich in der Fruchtfolge: Die Sojapflanze lockert nämlich mit ihren tiefen Wurzeln die Erde und bindet, mit Hilfe von Bakterien, Stickstoff aus der Luft.

    Sie düngt sich dadurch quasi selbst und hinterlässt eine ideale Bodenstruktur- zum Vorteil der Folgekultur, die im nächsten Jahr auf der gleichen Fläche wächst.

    Doch welche Sorten gedeihen in welcher Gegend Deutschlands am besten? Welche Soja-Kreuzungen sind die der Zukunft? Das gilt es noch herauszufinden. 1000 Gärten möchte einen kleinen Teil dazu beitragen.